Deutscher Schiffbau hält Kurs trotz stürmischer See

Dienstag, 14. Mai 2019 - 10:15

 

Hamburg 14.05.2019: Der Branchentrend im Weltschiffbaumarkt der vergangenen Jahre hat sich auch in den zurückliegenden zwölf Monaten fortgesetzt: In den asiatisch dominierten Schiffbauvolumenmärkten erholt sich die Nachfrage nur langsam und bleibt auch das fünfte Jahr in Folge unterhalb des Produktionsvolumens, sodass die Auftragsdecke weiter abschmilzt. Und das obwohl die Weltschiffbauproduktion inzwischen 40 % niedriger ist als zu den Spitzenzeiten in 2010. Der Druck auf dem Kessel steigt weiter und veranlasst viele Regierungen, in den Markt einzugreifen und durch Subventionen und Protektionismus die heimische Industrie zu schützen.

Erfolgreicher deutscher Schiffbau

Der deutschen Schiffbauindustrie gelingt es zu einem erheblichen Teil gut, sich von diesen Entwicklungen durch Konzentration auf High-End-Nischenmärkte abzukoppeln: In sieben der letzten acht Jahre wurden in Deutschland mehr Aufträge akquiriert als abgeliefert. Das Auftragsbuch hat sich seit 2010 fast verdreifacht. Die Werften haben entsprechend ihre Belegschaften aufgestockt. Für 2018 verzeichnet das Statistische Bundesamt einen Zuwachs von 8 % an festangestellten Mitarbeitern.  Die solide Planungsgrundlage wird genutzt, um die Produktion weiter zu optimieren und sich auf kommende Herausforderungen vorzubereiten. Und an denen mangelt es nicht.

Auch die deutsche Zulieferindustrie schlägt sich insgesamt wacker. Ihr macht die anhaltend schwache Neubauaktivität bei den meisten Standardschiffstypen in einigen Segmenten zwar ordentlich zu schaffen, sie kann aber durch innovative Lösungen immer wieder Markterfolge auch in schwierigem Umfeld erzeugen. Systeme und Produkte, die insbesondere bei Passagierschiffen zum Einsatz kommen, erleben eine besonders hohe Auslastung, sodass insbesondere ein wachsender Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern zu verzeichnen ist.

Herausforderer China

Die asiatischen Wettbewerber wollen mittlerweile mit aller Macht in den High-Tech-Schiffbau vordringen, das Paradesegment der Deutschen. „Es ist gut, dass jetzt endlich nicht nur über die Chancen in China geredet wird, sondern auch von dem Systemrivalen. Neue Fährschiffe für die Ostsee werden z.Zt. nur noch in China bestellt, weil dort dank großzügiger Unterstützung der Regierung mal wieder Fantasiepreise angeboten werden. Seit Jahrzehnten erleben wir solche Marktverzerrungen ohne Gegenmittel. Das muss sich ändern.“ kommentiert VSM-Hauptgeschäftsführer Dr. Reinhard Lüken die Entwicklung auf der Pressekonferenz anlässlich der jährlichen Mitgliederversammlung des VSM.

Große Erwartungen an die 11. Nationale Maritime Konferenz

Die unmittelbar bevorstehende 11. Nationale Maritime Konferenz (NMK) in Friedrichshafen wird sich mit diesen und weiteren Themen auseinandersetzen. Dass die Konferenz noch vor den Europawahlen stattfindet, bietet zudem die hochwillkommene Gelegenheit, auf die zentrale Bedeutung europäischer Politik für die Wettbewerbsfähigkeit der globalen deutschen Schiffbauindustrie hinzuweisen.

„Gemeinsame Lösungen bringen uns voran und stärken unsere globale Gestaltungskraft. Jetzt wird es Zeit, dass Europa auch beim Rest der Welt konsequent auftritt. Die NMK kann in diesem Zusammenhang für die maritimen Belange ein wichtiges Zeichen setzen: Deutschland will eine starke maritime Industrie und ist bereit, sich dafür gemeinsam mit den europäischen Partnern ins Zeug zu legen.“ appelliert VSM-Präsident Harald Fassmer.

Global, Smart, Green

Entsprechend diesem Motto der NMK geht es nicht nur um eine Intensivierung der nationalen und europäischen Bemühungen zur Herstellung eines fairen Welthandels im Schiffbau. Im Forum Schiffbauindustrie der NMK werden zusätzlich grundsätzliche nationale Fragen erörtert: Die Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Auftraggeber, die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt oder der Abbau von ausufernder Bürokratie. Daneben bedarf es aber auch einer deutlichen Steigerung der gemeinsamen Anstrengungen in den Bereichen der Neu- und Fortentwicklung smarter und umweltfreundlicher Technologien. Die maritime Energiewende ist möglich. Dabei handelt es sich aber um eine Aufgabe, die der Markt alleine nicht lösen kann. 

Forderungen für ein starkes maritimes Deutschland

Der VSM fasst deswegen sein Konzept für ein starkes maritimes Deutschland wie folgt zusammen und fordert:

  1. Gemeinsam mehr investieren in maritime Bildung, Forschung und Entwicklung
  2. Anreize um nachhaltiger maritimer Technik im Markt zum Erfolg zu verhelfen
  3. Kluge und verantwortungsbewusste öffentliche Beschaffung, vertrauensvolle Zusammenarbeit statt ausufernder Bürokratie
  4. Level Playing Field nicht nur einfordern sondern gemeinsam in Europa durchsetzen

„Den Strukturwandel haben wir erfolgreich bewältigt. Ab jetzt heißt es, wertvolle Fähigkeiten nicht weiter zu verlieren. Es gibt viele Hausarbeiten, die wir in Berlin zu erledigen haben, aber keine der zentralen Fragen schaffen wir langfristig allein. Dafür müssen wir gemeinsam an einem Strang ziehen.“ unterstreicht FASSMER abschließend.

 

Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik e. V. ist die politische und wirtschaftliche Interessenvertretung der deutschen maritimen Industrie mit komplexen Wertschöpfungsketten in diversen maritimen Marktsegmenten. Weitere Einzelheiten zur Entwicklung der deutschen maritimen Industrie finden Sie im Internet unter http://www.vsm.de.