Zeitenwende für die Schiffbauindustrie einleiten
Gemeinsamer Appell
Die fünf Küstenländer sowie der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), die IHK Nord und die Gewerkschaft IG Metall Küste haben sich in einem gemeinsamen Appell an die Bundesregierung gewandt und mehr Unterstützung aus Berlin für die maritime Wirtschaft gefordert.
Appell der fünf norddeutschen Wirtschaftsminister/-senator/-senatorin an die Bundesregierung unter Beteiligung des VSM, der IHK Nord und der IG Metall Küste - Zeitenwende auch für die Schiffbauindustrie
Am Freitag haben die Wirtschaftsminister/-senator/-senatorin der fünf norddeutschen Küstenländer gemeinsam mit der IG Metall Küste sowie dem Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) und der IHK Nord einen an die Bundesregierung gerichteten gemeinsamen Appell „Zeitenwende auch für die Schiffbauindustrie einleiten, Chancen der Energiewende nutzen!“ in Hamburg unterzeichnet. In dem Papier wird auf die strategische Bedeutung der maritimen Industrie aufmerksam gemacht.
Gleichzeitig werden durch die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner konkrete Forderungen zur Unterstützung der maritimen Wirtschaft an den Bund aufgestellt.
Initiiert wurde der Appell von Mecklenburg-Vorpommern. In dem Papier fordern alle Beteiligten unter anderem:
- die Schaffung geeigneter Instrumente für die Bauzeitfinanzierung großer Offshore-Strukturen auf deutschen Werften,
- die Festschreibung von europäischen/nationalen Wertschöpfungsquoten in Bundesgesetzen und Förderprogrammen,
- Anreize zum Umbau der Handelsflotten in Richtung klimaneutrale Schifffahrt,
- die Stärkung der öffentlichen Beschaffung,
- sowie handelspolitische Defizite der europäischen Schiffbaupolitik zu beseitigen.
Statements der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner
Reinhard Meyer – Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern:
„Der Norden spricht mit einer Stimme. Der Bund ist gefordert. Die maritime Industrie und die dazugehörigen Zulieferer und Dienstleister müssen aufgrund ihrer Systemrelevanz unbedingt erhalten werden. Der Branche kommt sowohl bei den klimapolitischen als auch sicherheitspolitischen Veränderungen eine Schlüsselrolle zu. Hier geht es um die Versorgungssicherheit Deutschlands mit Energie, Rohstoffen und Vorprodukten. Wir brauchen neben unserer eigenen Unterstützung weiter eine nachhaltige und intensive Unterstützung des Bundes und ein klares Bekenntnis, um die Umsetzung von maritimen Projekten zu ermöglichen. Daran hängen tausende Arbeitsplätze auf den Werften und auch bei den Zulieferern. Hier gibt es auch zukünftig einen enormen Handlungsbedarf. Die Energiewende ist keine alleinige norddeutsche Aufgabe, sondern unterliegt gesamtdeutscher Verantwortung.“
Kristina Vogt – Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa der Freien Hansestadt Bremen:
„Die Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität sind gewaltig – ebenso stehen wir vor bedeutenden sicherheitspolitischen Veränderungen. Die Schiffbauindustrie als Kern der maritimen Wirtschaft kann einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgaben leisten. In meiner Funktion als Schiffbausprecherin der Wirtschaftsminister und Wirtschaftssenatoren der norddeutschen Küstenländer appelliere ich an die Bundesregierung, jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen und umzusetzen. Damit die Klimawende gelingt, müssen nicht nur geeignete Finanzierungsinstrumente geschaffen werden. Am Beispiel des Neubaus der Polarstern II wird deutlich, dass die Bundesregierung angemessene Rahmenbedingungen schaffen muss, um den Werften eine Teilnahme am Wettbewerb unter fairen und machbaren Bedingungen zu ermöglichen. So kann die deutsche Schiffbauindustrie Innovationstreiber bleiben, Beschäftigung sichern und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen.“
Olaf Lies – Minister für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Niedersachsen:
„Wir brauchen eine funktionierende und leistungsstarke einheimische Schiffbauindustrie. Sie gewährleistet die Versorgungssicherheit Deutschlands mit Energie und Rohstoffen über unsere norddeutschen Häfen. Der Schiffbau in Deutschland bedeutet gerade in diesen Zeiten mehr Unabhängigkeit in den globalen Lieferketten. Diese Unabhängigkeit ist ein Wert, dessen große Bedeutung wir gerade in den letzten Monaten ganz neu zu schätzen lernen. Das Ziel der Klimaneutralität verlangt zugleich auch von der Schifffahrtsbranche einen gewaltigen Kraftakt, um den Strukturwandel zu nachhaltigen Antriebstechnologien zu vollziehen. Wir Küstenländer sind uns dieser Herausforderungen bewusst und appellieren an den Bund, mit uns gemeinsam die deutsche maritime Industrie zukunftsfest aufzustellen.“
Claus Ruhe Madsen – Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus Schleswig-Holstein:
„Die Energiewende kann nur gelingen, wenn unsere Werften wirklich in die Lage versetzt werden, diese durch den Bau von Offshore Strukturen und Versorgungs- und Errichterschiffen zu unterstützen. Hier ist das Thema Finanzierung von herausragender Bedeutung. Die deutschen Werften sind heute meist der Generalunternehmer und sicheren die Anzahlungen der Auftraggeber ab und finanzieren Schiffe oder Offshore-Anlagen während der Bauzeit. Sie sehen sich hierbei sehr hohen Finanzierungsvolumina sowie langen Projekt- und Kreditlaufzeiten gegenüber. Darum muss der Bund gemeinsam mit den betroffenen Werften und Bestellern Instrumente entwickeln, um unseren Werften zu ermöglichen, ihren Anteil zum Gelingen der Energiewende beizutragen.“
Michael Westhagemann – Senator für Wirtschaft und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg:
„Eine leistungsstarke, international wettbewerbsfähige maritime Industrie ist nicht nur für die Freie und Hansestadt Hamburg, sondern für alle norddeutschen Küstenländer von höchstem Interesse und von großer gesamtwirtschaftlicher und strategischer Bedeutung. Daher unterstützen wir diesen Appell außerordentlich und danken Mecklenburg-Vorpommern für die Initiative.“
Dr. Reinhard Lüken – Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik e.V.:
„Es ist tragisch, dass eine Zeitenwende nötig war, damit Deutschland endlich strategische Abhängigkeiten im maritimen Sektor wahrnimmt und diskutiert. Erst jetzt erkennen viele, wie wichtig die maritime Industrie für Deutschland ist. Besser spät als nie. Mit dem Umbau der kommerziellen Flotte auf klimaneutrale Fahrt, dem Ausbau der erneuerbaren Energie offshore sowie einer modernen, leistungsfähigen Ausstattung der Marinen kommen enorme Bedarfe im Binnenmarkt auf uns zu. Durch eine maritime Investitionsoffensive können wir unsere strategische Abhängigkeit entscheidend reduzieren. Für maritime Souveränität müssen die vor uns liegenden Jahre für einen signifikanten Substanzaufbau in der deutschen und europäischen Schiffbauindustrie genutzt werden.“
Daniel Friedrich – Bezirksleiter der IG Metall Küste
„Wir haben bereits viel an Substanz im Schiffbau und in der Windindustrie verloren. Und das obwohl wir gerade jetzt sehen, wie wichtig die maritime Industrie für den Klimaschutz, eine unabhängige Energieversorgung und die Sicherheit in Deutschland und Europa ist. Um gegenzusteuern, braucht es eine entschlossene Industriepolitik vom Bund, aber auch den Ländern. Aus dem Appell müssen konkrete Ansiedlungen, Aufträge und Arbeitsplätze werden. Die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben sind bereit, ihren Beitrag für die Energiewende zu leisten und etwa Offshore-Plattformen und Spezialschiffe für die Errichtung und die Versorgung von Windparks zu bauen. Auch der Aufbau einer eigenen LNG- bzw. Wasserstoff-Tankerflotte sollte vorangetrieben und auch so Arbeit und Wertschöpfung in Deutschland gesichert werden.“
Der vollständige Appell steht auf den Seiten des Ministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern zum Download.
https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/wm/